Dass die
Organisation einer Europameisterschaft eine einfache,
überschaubare Angelegenheit ist, sollte wirklich niemand
glauben. Über 2 Jahre hinweg wurde geplant, geprobt,
gemanagt. Wer glaubt sich dann am Tag X zurücklehnen zu
können, weil alles wie geplant, reibungslos läuft, wandelt
auf dünnem Eis. Denn an diesem Tag X kommen tausend
unerwartete Details, die sich gar nicht planen lassen. Und
so kommt auch mal ein Transfer Bus nicht zum gewünschten
Termin, die ein oder andere Information nicht an, oder
Zugangsberechtigungen nicht rechtzeitig an den „Mann“. Wie
sagte mal ein Student: „Die Schwierigkeiten bei den
Prüfungen an einer Universität sind nicht die Prüfungen
selbst, sondern die Orte zu finden, wo diese stattfinden.“
42 Nationen mit 418 Teilnehmern und mehr als 500 Betreuern,
Helfern, Funktionären und Kampfrichtern, Ärzte, Sanitäter,
Ordner und Security. Dazu noch etwa 150 von Presse und
Fernsehen. Das alles will organisiert, informiert und z. T.
beraten werden. Und wenn man denkt, man hat alles, kommt ein
Vertreter der EKF mit Änderungswünschen. Anfängliche
Nervositäten und Angespanntheit können da nicht ausbleiben.
Wenn dies dann auf Vertreter der Presse durchschlägt,
besteht die Gefahr, dass diese dann zumindest in Gedanken
schon mal „böse“ Texte entwerfen. So wie dass hier gerade
den Anschein hat, aber (wie war das noch mit dem aber. Wenn
nach einem Lob ein aber kommt, kann man das vorangegangene
Lob vergessen......) eine schnelle Kritik ist oft auch ein
vorschnelles Urteil. Und überhaupt, würde man selbst es
besser können? Grund für kritische Worte, die dann auch
meist überflüssig sind, kann man an jeder Straßenecke
finden.
Konstruktive Kritik hingegen ist nicht einfach und schwer
verdaulich, selbst wenn sie gut gemeint ist. Besonders schön
ist es jedoch, wenn die Gründe für Kritik im Laufe einer
Veranstaltung von selbst verschwinden! Und wenn ein Team von
ehrenamtlichen Helfern, die keineswegs für ihre jeweiligen
Jobs (speziell Ordner/Security) ausgebildet wurden,
innerhalb von 3 Tagen, zu einer wirklich lobenswerten
Leistung findet, dann kann man jeden kritischen Gedanken der
ersten Stunde vergessen und an dieser Stelle ein dickes Lob
aussprechen. |
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Besonders
das Finale am Freitag war ein stimmungsvolles und
emotionales Ereignis. Jetzt bedauere ich, nur fotografiert
und nicht auch gefilmt zu haben. Denn dieses Finale mit
seiner Eröffnungsfeier erfüllte durchaus alle Anforderungen
einer fernsehgerechten Show! Die Showeinlagen und
Vorführungen waren beeindruckend, sowohl visuell als auch
akustisch, inklusive des italienischen Teams mit ihrem Sound
Karate und dem gerade mal 6 Jahre alten Star der Truppe.
Dann die Begegnungen der Kata Teams mit ihrem spektakulären
Bunkai, das jeden Fan von Action, gleich ob Karate oder
nicht, begeistert. Oder die spannungsgeladenen Kämpfe der
Kumite Teams, mit wirklich fantastischen Aktionen, hoher
Dynamik und zunehmend excellenten Wurftechniken. Keine
Chance da ruhig zu bleiben. Bei all dem stellt sich mir die
Frage, wieso dies den Programmdirektoren diverser Sender
noch nicht aufgefallen ist. Diese Veranstaltung hätte man
ohne jedes Problem publikumsgerecht übertragen können. Und
ich bin absolut sicher, dass da nicht nur Karateka
zugeschaut hätten. Und wenn die EKF, der DKV oder sonst wer
ein Video mit den Finalen inklusive Shows anbietet (zu
üblichen Videopreisen wohlgemerkt), kenne ich jemanden der
es unbedingt haben will, obwohl er live dabei war.
Noch ein Wort zu den Chef’s der Fernsehsender, schaut euch
mal die Bilder von den Finalen an und beißt euch dafür, dass
ihr kein Team geschickt habt. |
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Obwohl vom
Shito-Ryu nutzte Hernandez in der 2. Runde Seipai, statt
Seienchin. Nun wird Seipai, ebenso wie Saifa auch im
Shito-Ryu geübt, wodurch man hier automatisch über 4 Shitei
Kata verfügt. Trotzdem zeigt sich hier deutlich, dass bei
der Auswahl von Kata für einen Wettkampf die Stärken und
Vorlieben eines Athleten durchaus höher bewertet werden
können, als das Festhalten an die Grenzen (Kata) der eigenen
Stilrichtung.
Insbesondere Athleten aus dem Goju-Ryu könnten hierdurch ihr
Repertoire an, gut für Wettkämpfe geeigneten Kata,
vergrößern und könnten auch Seienchin in der Shitei Runde
nutzen. Und Kata wie Nipaipo und Kushanku sind auch für
Shotokan Stylisten geeignet. |
(Wettkampforientierte Entwicklung von Kata)
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(Stilrichtungsübergreifende
Nutzung von Kata bei Meisterschaften)
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“Who know’s, you have
to test it.” Tommi Morris auf meine Frage, ob die Kata
Hakucho bei einem Wettkampf Erfolg haben könnte, obwohl
diese Kata in verschiedenen Versionen existiert und mitunter
auch als Hakutsuru bezeichnet wird und unter den
Kampfrichtern aber weitgehend unbekannt ist.
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"Ich glaube
Spitzenkämpfer der 80er Jahre hätten auch heute ihre
Chancen. Damals waren jedoch Ausführung und besonders die
Kontrolle der Techniken besser." Günter Mohr auf meine
Frage hinsichtlich der Entwicklungen im Kumite.
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„Ja, wenn er selber „neisteigt“
wie ein Stier.“ Toni Dietl, auf meine Frage ob der Gegner
nicht doch etwas zu hart kämpft. |
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„Ooohh, Oooh, ich weiß
nicht mehr wo mein Ding ist“ Afrim Latifi, der einmal links,
einmal rechts in der Leiste getroffen wurde, auf meine
Frage, ob das so hart war, wie es ausgesehen hat.
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Zweifellos einer der
herausragenden Kämpfer und Sportler dieser EM war Afrim
Latifi, der für sein Heimatland Albanien startete, und bei
der Siegerehrung seine Verbundenheit mit Deutschland zeigte,
in dem er eine deutsche Fahne mit auf das
Siegerpodest nahm! |
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Es ist
Montag 15:30, die Europameisterschaft ist Geschichte und ich
bin gerade in München angekommen, steige ins Auto, das brav
an der S-Bahn gewartet hat, und fahre zum Kindertraining.
Das muss diesmal auch ohne Gi gehen. Natürlich erzähle ich
ihnen erst mal von der Meisterschaft, den Wettkämpfen, den
Siegen. Sehe in glänzende Augen und stelle fest, wie
international ich hier bin, als die Kinder fragen: „Hat auch
ein Türke gewonnen? Hat auch ein Russe gewonnen? Hat auch
ein......
Beim Bericht zum Sieg des Deutschen Damen Teams ein
jubelndes, energisches „Jjaaaaa!“ der anwesenden Mädels.
Fragen, Antworten und schließlich meine unvermeidliche
Frage: „Wollt ihr auch mal an einer Meisterschaft
teilnehmen?“ Als Antwort sehe ich wieder glänzende und große
Augen. Und dann.....“Gut, was wollt ihr heute trainieren?“
Fußball, Fußball, Fußbaaalllllll!
?

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